Danke und auf Wiedersehen

Am 23. März geht in Velbert-Nierenhof eine prägende Zeit zuende: Superindentin Julia Holtz wird Pfarrer Dirk Scheuermann in einem feierlichen Gottesdienst entpflichten. Gleichzeitig verabschiedet sich die Gemeinde von Claudia und Dirk Scheuermann. Andrea Vollmer hat im Gespräch mit ihnen auf die fast 32 Jahre in der Gemeinde geschaut:
Ihr seid am 1. September 1993 nach Nierenhof gekommen. Wie hat es euch ausgerechnet hierher verschlagen?
Dirk: Wir waren damals am Bengelhaus in Tübingen tätig, einem theologischen Studienhaus. Eine Studentin dort kam aus Nierenhof und erzählte, dass dort die Pfarrstelle frei würde. Ich war in der westfälischen Landeskirche ordiniert und es war klar, dass ich dorthin zurückkehren würde, um eine Pfarrstelle anzutreten. Wir haben uns drei, vier Stellen angesehen und gesagt, wir gehen zu der Gemeinde, die als Erstes auf uns zugeht. Das war Nierenhof. Direkt nach dem ersten Treffen hat das Presbyterium gesagt: „Wir möchten, dass Sie kommen.“
Mit welcher Idee für die Gemeinde habt ihr eure Arbeit aufgenommen?
Dirk: Wir wollten in allen Bereichen, seien es Kinder, Senioren missionarisch arbeiten. Ich hatte kurz vorher in der zweitgrößten Kirche Württembergs gepredigt. Und dann kamen wir in die schöne, aber enge Kirche in Nierenhof. Ich hatte gleich bei der ersten Begegnung die innere Gewissheit, dass diese Gemeinde wachsen wird. Wie und mit wem man das machen konnte, mussten wir erstmal langsam herausfinden und alles kennenlernen.
Welche Meilensteine gab es dann in eurer Arbeit?
Dirk: Das waren viele. Es gab einige ProChrist-Veranstaltungen, die uns geprägt haben. Oder die Willow-Creek-Gemeinde, von der wir gelernt haben, 1998 zum Beispiel ein Kongress in Oberhausen. Danach haben wir ein Kleingruppen-Leitungsteam etabliert, damit auch eine wachsende Gemeinde in übersichtliche und persönliche kleine Einheiten gegliedert werden kann.
Claudia: Wichtig war auch, dass wir sehr schnell den Kindergottesdienst parallel zum Erwachsenengottesdienst gemacht haben. Dann konnten ganze Familien gleichzeitig in die Gemeinde kommen. Der Gottesdienst am Sonntag war schon immer der Höhepunkt der Woche. Ein Meilenstein war auch der Bau der Mehrzweckhalle, die 2006 fertig wurde. Es ist ein Alleinstellungsmerkmal, dass wir so einen Ort haben, den Sportgruppen, der Fireabend, der Winterspielplatz nutzen können. Vorher hatten wir sonntags Kinderprogramm in allen Räumen des Pfarrhauses.
Dirk: Grundlegend für uns war immer die Ausrichtung an den biblischen Aufträgen für Gemeinden: Gott ehren, Menschen einladen, Gemeinschaft gestalten, Jesusnachfolge, dem Nächsten dienen. Und: Wir wollten das Wachstum niemals durch unsere eigenen begrenzten Ressourcen limitieren. Deswegen haben wir immer ehrenamtliche Mitarbeit gefördert. 2005 kam dann mit dem ersten Jugendreferenten ein weiterer hauptamtlicher Mitarbeiter dazu.
Und du, Claudia, wurdest auch irgendwann offiziell Kinder- und Familienreferentin.
Claudia: Das war 2013. Trotzdem war es uns weiter wichtig, ehramtliche Mitarbeiter zu motivieren, zu befähigen, ihre Gaben einzusetzen. Wir haben viele Schulungen organisiert oder an Seminaren teilgenommen. Davon lebt eine Gemeinde. Auch die Jugendarbeit funktioniert so: von Jugendlichen für Jugendliche.
Dirk: Das war auch immer eines unserer Gebetsanliegen: nicht nur, dass unsere Gemeinde wächst, sondern dass junge Leute zum Dienst im Reich Gottes berufen werden. Viele junge Menschen aus Nierenhof haben Theologie studiert oder engagieren sich in sozialer Arbeit und im Ehrenamt in Gemeinden.
Hattet ihr auch mal Durststrecken in eurer Arbeit? Habt ihr sogar mal an Wechsel oder Veränderung gedacht?
Claudia: Natürlich. Es war nicht immer nur leicht. Welcher Lebensweg ist das schon?
Dirk: Für Claudia war die Zeit nach dem Tod ihrer Schwester und einigen OPs sehr herausfordernd. Einige Male in den Jahren hatten wir Anfragen von anderen Werken, ob wir nicht für sie arbeiten wollen. Wir haben uns immer Zeit gegeben, uns zu prüfen, und jedes Mal gemerkt: In Nierenhof ist unser Platz.
Woher habt ihr immer wieder die Motivation für eure Arbeit genommen?
Dirk: Sie hat einfach überwiegend Freude gemacht, es gab relativ wenige Frusterlebnisse. Wir haben gespürt, Jesus will uns hier haben. Wir konnten selbst auftanken bei Evangelisationen. Wenn wir durchhingen, gab es Mitarbeiter, die Feuer hatten und uns mitgezogen haben. Wir wurden durch Gebete getragen und Gott schenkte uns Kraft.
Claudia: Wir waren auch viel im Austausch mit einem befreundeten Missionars-Ehepaar. Die Gespräche haben uns oft geholfen.
Welche Erinnerungen nehmt ihr noch mit an eure Zeit hier? Ihr habt hier schließlich auch als Familie gelebt.
Claudia: Als Familie haben wir sehr von der Gemeinde profitiert. Unsere Kinder waren hier zu Hause.
Dirk: Sie sind hier geistlich gewachsen. Alle vier haben hier in der Gemeinde mitgearbeitet. Zwei von ihnen werden nun hauptamtliche Pfarrer.
Was werdet ihr vermissen?
Beide: Menschen – ganz klar, Beziehungen!
Nehmt ihr eine gegenständliche Erinnerung an die Gemeinde mit?
Claudia: Da habe ich mir noch keine Gedanken gemacht. Ich überlege eher, was ich NICHT mitnehme. Wir reduzieren uns räumlich von 260 auf 100 Quadratmeter.
Dirk: Ich würde am liebsten unseren Ofen mitnehmen, das Holzhacken wird mir fehlen. Und die Halle (lacht).
Ihr geht wieder nach Tübingen, zieht sogar in eure alte Wohnung im Bengelhaus. Welche Aufgaben erwarten euch da?
Dirk: Überraschenderweise kam aus Tübingen eine Anfrage an uns beide. Claudia wurde für die Begleitung von Studentinnen angefragt und für den Bereich Fundraising. Und ich wurde für die Gründung und Leitung eines Instituts angefragt für Gemeindeaufbau, Gemeindeberatung sowie Ausbildung von Prädikanten und Förderung ehrenamtlicher Mitarbeiter in der Kirche.
Was möchtet ihr der Gemeinde und euren Nachfolgern mit auf den Weg geben?
Claudia: Bleibt bei Jesus.
Dirk: Den Nachfolgern können wir sagen: Ihr könnt euch richtig freuen auf die Gemeinde. Es ist ein wunderbares Arbeitsfeld und noch ein großes Potential, das gehoben werden kann.
Wir sind einfach sehr dankbar für die Zeit und auch für die, die vor uns schon den Weg vorbereitet haben, gebetet haben, den CVJM aufgebaut haben. Die Freiheit, die man bei der Arbeit hat, Fehler vergeben zu bekommen, die Offenheit, die Großzügigkeit, die Gastfreundschaft der Gemeinde sind einmalig.
Kommt ihr uns mal besuchen?
Dirk: Natürlich. Zwei Termine stehen schon fest: Am 11. Mai und am 10. August werde ich im Gottesdienst predigen. Im August feiert unser Sohn Daniel hier seine Hochzeit.
Claudia: Außerdem wohnt unser Sohn Joel hier im Ort. Das ist ein Grund, herzukommen.
Wir sagen euch herzlich Danke für eure Zeit in Nierenhof und wünschen euch für die neuen Aufgaben und euren weiteren Weg Gottes Segen!
(Interview: Andrea Vollmer)
Der Gottesdienst findet am Sonntag, 23. März, um 10 Uhr in der Ev. Kirche in Velbert-Nierenhof statt.