„Gemeinsam stranguliert vom KiBiz“

02.12.2024 – Bei der Herbstsynode des Ev. Kirchenkreises stand die Kita-Finanzierung im Mittelpunkt
Eine Synode der wechselnden Gefühle war es, zu der alle Teile des Kirchenkreises ehrenamtliche und berufliche Mitarbeitende ins Ev. Gemeindezentrum in Hattingen-Holthausen entsandt hatten. Auch die Lokalpolitik war hochkarätig vertreten, denn eins war bereits klar: Wir müssen reden!

Dass einschneidende Veränderungen in Kirche und Gesellschaft vor sich gehen, kann niemand mehr ignorieren. Superintendentin Julia Holtz machte das in ihrer Rede vor vollem Haus deutlich: „Wir repräsentieren nicht mehr die Mehrheit der Gesellschaft. Das ist nicht schlimm, aber: Wir können mit unseren Kirchensteuern auf Dauer nicht gesamtgesellschaftliche Aufgaben finanzieren“, so die leitende Geistliche des Kirchenkreises. „Wir wollen weiter für andere da sein, auch für die, die nicht an Jesus Christus glauben und keine Kirchensteuern zahlen. Aber die finanziellen Mittel, um derartige Angebote zu finanzieren, gehen durch die weiter hohe Zahl an Kirchenaustritten dramatisch zurück.“ Sie erinnerte an den „Blauen Brief“, den die Landeskirche im letzten Jahr wegen der finanziellen Lage des Kirchenkreises nach Hattingen-Witten geschickt hatte – ein Warnsignal, das gehört wurde.
Neben vielen anderen Sparmaßnahmen wird der Kirchenkreis, so ein Beschluss am Samstag, deutlich geringere Mittel in die evangelischen Kindergärten stecken können – ein Bereich, dessen Finanzierung hauptsächlich den Kommunen untersteht, die sich wiederum nur einen Teil des Geldes – mit langen Verzögerungen – vom Land NRW zurückholen können. Christian Walker, stellvertretender Bürgermeister in Witten, brachte ein klares Bekenntnis zur Zusammenarbeit von Kirche und Kommune mit zur Synode. Mit seiner Stadt ist bereits ein Vertrag unter Dach und Fach, der dem Kirchenkreis finanziell Luft zum Atmen lässt. Gleiches gilt für Wetter-Wengern und Sprockhövel.
Kindergartengesetz in NRW gemeinsamer Gegner
Dirk Glaser, Bürgermeister von Hattingen, versprach den Synodalen, sich auch in seiner Stadt weiter für eine Lösung einzusetzen, denn: „Uns verbindet sehr viel!“, so Glaser. Bereits seit Monaten ringen der Kindergartenverbund und die Stadt aber miteinander. „Die Kommunen und Kirchen werden als Träger gemeinsam vom KiBiz stranguliert“, brachte Pfarrerin Heike Bundt, Vorsitzende des Leitungsausschusses im evangelischen Kindergartenverbund auf den Punkt, mit welchen gewaltigen Problemen Städte und KiTa-Träger in Nordrhein-Westfalen zu kämpfen haben. Die Geschäftsführerin des Verbunds, Angelika Arend, zeigte mit mehreren Beispielen aus dem NRW-eigenen Kinderbildungsgesetz („KiBiz“), warum kleine freie Träger bereits trotz hohen Bedarfs an KiTa-Plätzen durch das Düsseldorfer Gesetz in die Insolvenz getrieben wurden. Die evangelische Kirche als großer Träger muss in NRW für 10,3 Prozent der KiTa-Kosten selbst aufkommen und verringert damit die Last, die die Städte bei der Finanzierung der Kindergärten zu tragen haben. Für Kommunen liegt dieser sogenannte Trägeranteil sogar bei 12,5 Prozent.
Auch deshalb will die Stadt mit dem Ev. Kindergartenverbund im Gespräch bleiben. Beide Seiten unterstrichen, dass sie durch das in Deutschland in vielerlei Hinsicht einzigartige NRW-Kindergartengesetz gemeinsam unter Druck stehen und wollen auch deshalb gemeinsam weiter an Lösungen für die Kinder und ihre Eltern arbeiten. Der Evangelische Kindergartenverbund Hattingen-Witten beschäftigt 370 Mitarbeitende in zwanzig Kindertagesstätten.

Die sich schon länger abzeichnende bedrohliche Lage bei Finanzen von Gemeinden und Kirchenkreis sorgte auch auf der Synode für Druck. Der entlud sich in einem emotionalen Gewitter von Gemeindevertreterinnen und -vertretern Richtung Verwaltung. Seit Jahren warte man auf exakte Zahlen, die das gemeinsame Kreiskirchenamt nach der Umstellung der Buchhaltung auf das Neue Kirchliche Finanz-Management (NKF) zu liefern habe und werde vertröstet. Der so gescholtene Verwaltungschef Martin Voit trug daraufhin vor, dass seine Mannschaft trotz lange andauernder Personalnot und anderer Faktoren bereits die Zahlen für den Nachbar-Kirchenkreis Schwelm fertiggestellt habe und auch im landeskirchlichen Vergleich gut dastehe. Letztlich beantragten die Gemeinden die Fertigstellung der Arbeiten bis zur nächsten Synode.
Vieles entwickelt sich auch positiv
Dass trotz mancher Schwierigkeiten immer wieder Menschen bereit sind, sich in den Dienst der evangelischen Kirche vor Ort zu stellen, wurde an der eindrucksvollen Zahl derer deutlich, die zum ersten Mal an einer Synode teilnahmen und mit einem feierlichen Gelöbnis in diesen Kreis aufgenommen wurden. In das eng mit Julia Holtz zusammenarbeitende Leitungsgremium des Kirchenkreises, den Kreissynodalvorstand, wurde Pfarrer Tim Winkel aus Bommern mit einem Segen aufgenommen.
Zum letzten Mal bei einer Synode waren Pfarrer Dirk Scheuermann, der im Frühjahr in den Ruhestand tritt, und Pfarrerin Christina Biere, die es in die Berlin-Brandenburgische Landeskirche zieht.
Trotz harter Verhandlungen mit kommunalen Partnern, trotz schrumpfender Mitgliederzahlen und Finanzen konnte Superintendentin Holtz in ihrer Rede auch auf viele gute Entwicklungen hinweisen. Als Beispiel nannte sie die kleine Kirchengemeinde Niederwenigern, die es nach dem Verkauf des Gemeindehauses durch fruchtbare Allianzen vor Ort geschafft hat, ein neues Kapitel ihrer Geschichte aufzuschlagen. Nach der Sanierung der Kirche ist sie nun multifunktional nutzbar und macht damit Gemeindemitgliedern und Nachbarn gleichermaßen Freude. „Auch wenn wir uns von Gebäuden trennen,“ so Julia Holtz, „können wir sie oft neuen Nutzungen im Dienst des Gemeinwohls zuführen. Ein Beispiel dafür ist die Schöpfungskirche in Durchholz, aus der eine Kita wird. Dennoch haben wir weiter einen Standort im Quartier und Raum zur weiteren Nutzung. Vergleichbare Pläne gibt es auch für die Christuskirche in der Sandstraße.“
Und noch eine positive Nachricht konnte die Superintendentin verkünden, ausgerechnet aus dem Bereich der KiTas: „Gemeinsam mit unseren Nachbarn in Hagen prüfen wir zurzeit mit Hilfe eines externen Beratungsbüros, ob eine Verbindung der kreiskirchlichen Kindergartenverbünde Sinn macht.“ Eine Bündelung der Kräfte in diesem Bereich, später vielleicht auch mit dem Kirchenkreis Schwelm, könne sich positiv auf die Zukunft als Träger von Kindertagesstätten auswirken.