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Fastenbrechen mit den Nachbarn

Von Hans-Martin Julius
Segenswünsche zum Ramadan 2025

(16.3.2025) Aus einer einfachen Raumanfrage wurde in Witten-Herbede ein lebendiger Dialog.

Eigentlich war Nilgün Özbek nur auf der Suche nach Räumlichkeiten für das muslimische Fastenbrechen, als sie auf den Herbeder Presbyter Wolfram Obermanns stieß. Der witterte eine Chance für seine Gemeinde, denn seiner Erfahrung als Islamdelegierter des Kirchenkreises Hattingen-Witten nach war man in den Moscheen zwar stets als Gast willkommen. Ein tieferer Dialog zwischen den Religionen ergab sich aus diesen Begegnungen aber selten.

Räume konnte man im evangelischen Markus-Zentrum gern zur Verfügung stellen, aber Obermanns wollte mehr: „Ich hab dann mit Frau Özbek besprochen, dass es bei einem abendlichen Fastenbrechen Referent:innen und ein Thema geben sollte ­— ein Thema, dass auch noch in Tischgesprächen miteinander vertieft werden könnte“, erinnert sich der 61-Jährige an die Anfänge einer inzwischen zur Tradition gereiften jährlichen Veranstaltung im Gemeindezentrum.

„Die Veranstaltung laufen immer nach demselben Schema ab: Durch musikalische Beiträge eingerahmt gibt es jeweils ein muslimisches und christliches Referat zum Thema. Dann bekommen alle Anwesenden eine kleine „Hausaufgabe“. In diesem Jahr wird das ein Quiz zum Thema Schöpfung sein, zu dem vorher Pfarrerin Ute Wendel und der muslimische Religionswissenschaftler Halil Alegöz ihre Referate gehalten haben. Auch die Musik ist einmal aus der muslimischen, einmal aus der der westlichen Welt. Wenn die Sonne schließlich untergeht, gibt es den Gebetsruf, die traditionelle Feige und den ersten Schluck Wasser.“

Anschließend können sich alle an den Speisen freuen, für die die muslimische Seite sorgt. „So ist das aufgeteilt worden“, meint Obermanns: „Ich mach die Organisation, die muslimische Gemeinde sorgt fürs Catering.“ Wichtig ist ihm, dass bei den meist gut gemischten Tischgemeinschaften eine eher formlose Atmosphäre herrscht. „Das ist alles völlig offen, es gibt keine gegenseitigen Bekehrungsversuche. Im Mittelpunkt steht eigentlich immer die einfache Frage: Wer bist Du? – nicht: Wer ist deine Gruppe?“

Porträtfoto von Wolfram Obermanns (lächelt in die Kamera)
Wolfram Obermanns (Foto: privat)

„Wer sich darauf einlässt, sollte ein bisschen Humor mitbringen“, so Obermanns. Man könne nicht an einem interreligiösen Treffen teilnehmen, ohne dass es auch mal zu Irritationen käme. „Über kurz oder lang steht man irgendwann auch mal im Fettnäpfchen. Und das ist auch gar nicht schlimm, weil man unter Freunden ist.“ Über die Jahre sei die Stimmung beim Fastenbrechen immer herzlicher geworden. Dass sich alle auch mal unsicher fühlen, war in einem der vergangenen Jahre auch schon das Thema des Abends: Wie bewegt man sich in einem interreligiösen Kontext?

„In Sure 5 des Koran steht, dass die Vielfalt der Religionen gottgewollt ist“, erklärt Wolfram Obermanns, der als Delegierter dreimal im Jahr an Konferenzen zum Thema teilnimmt und sich mit anderen Beauftragten über den Dialog der Religionen vor Ort in den Gemeinden austauscht. „Wir sind alle dazu aufgefordert, mit der Vielfalt zurechtzukommen. In der Bibel sind Gastfreundschaft und Gastrecht ebenfalls große Themen.“

Aber gibt es nicht auch Konflikte? „Doch, natürlich gibt es auch die. Deshalb ist es gut, wenn man sich schon ein wenig kennt. So wächst die Fähigkeit, Konfliktsituationen auszuhalten. Manchmal muss man den Konflikt auch erst ruhen lassen und sich zu einem späteren Zeitpunkt daran machen, das Problem aufzudröseln. Ich finde das auch eine reizvolle Aufgabe: Wie kriegt man unterschiedliche Sichtweisen gemeinsam aufgelöst?“

Dass reden hilft, zeigt auch der kleine Vorbereitungskreis des jährlichen Fastenbrechens. Daraus ist ein etwas größerer Gesprächskreis hervorgegangen, der sich alle zwei Monate im privaten Umfeld zum Essen und Reden trifft.

Wolfram Obermanns freut sich auf ein weiteres Spin-off dieser Aktivitäten: „Wir gründen einen Chor mit Menschen der drei großen Religionen, die an einen Gott glauben, einen TRIMUM-Chor. In Frankfurt gibt es das schon. Es sind Lieder, die Menschen muslimischen, jüdischen und christlichen Glaubens gut miteinander singen können.“ Im April will er sein Herzensprojekt der Öffentlichkeit vorstellen. 

Wer am Fastenbrechen im Herbeder Markuszentrum teilnehmen möchte, sollte sich noch bis Sonntag, 9. März per Mail bei Wolfram.Obermanns@online.de anmelden. „Eingeladen ist jede:r, der an einem interreligiösen Dialog interessiert ist. Man lernt dabei tolle Menschen kennen, denen ihre Nachbarinnen und Nachbarn wichtig sind.“

(Hans-Martin Julius)